
Zum 1.01.2021 tritt die neue HOAI Verordnung in Kraft. Die gesetzlich vorgeschriebene Honorarordnung für Architekten- und Ingenieure wurde auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses am 06.11.2020 vom Bundesrat geändert. Was die HOAI bisher ausgezeichnet hat und in wie fern sich die HOAI 2021 davon unterscheidet? Verschaffen wir uns einen Überblick!
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Die bisherigen Regelungen und ihre Ziele
Die HOAI gibt es nicht erst seit gestern. Bereits 1977 wurde eine erste Fassung veröffentlicht, die im Laufe der weiteren Jahre regelmäßig aktualisiert wurde. Die vorerst letzte Änderung gab es 2013 – bis jetzt. Denn als Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 wird die HOAI 2020 erneut überarbeitet. Die neue Fassung gilt ab dem 1. Januar 2021 und bringt einige Neuerungen mit sich – doch dazu später mehr. Zunächst rufen wir uns nochmal die grundlegenden Regelungen und Ziele der HOAI ins Gedächnis.
Was regelt die HOAI?
Damals wie heute setzt die HOAI den gebührenrechtlichen Rahmen für Architekten-, beziehungsweise Ingenieurleistungen fest. Ziel der Regelung ist es, eine Leistungsbeurteilung von Architekten und Ingenieuren auf Basis der Qualität anstatt des attraktivsten Angebots zu ermöglichen. So können Preiskämpfe vermieden und angemessene Honorarzahlungen gewährleistet werden. Insgesamt wird die Honorarermittlung nach HOAI als angemessen bezeichnet. Das heißt es kann sichergestellt werden, dass Lohndumping vermieden wird. Das ist auch im Sinne des Qualitäts- und Verbraucherschutzes.
Leistungsbilder, Leistungsphasen HOAI & Honorarzonen bilden die Basis
Die Grundlage der Honorarordnung sind die 9 HOAI Leistungsphasen. Diese gliedern den Bauablauf und definieren, welche Leistungen in den unterschiedlichen Phasen abgerechnet werden können. Für die HOAI Honorarberechnung werden diese Phasen anteilig angerechnet und so unterschiedlich gewichtet. In der Honorarordnung findet sich außerdem eine Auflistung der sogenannten “anrechenbaren Kosten”. Dieser können Sie entnehmen, welche Kosten Sie in welcher Leistungsphase geltend machen können. Hierbei außerdem zu betrachten sind die HOAI Leistungsbilder. Denn ob es sich bei dem Auftrag um Ingenieurbauwerke oder die Tragwerksplanung handelt, hat einen erheblichen Einfluss auf die geforderte Leistung.
Und als ob diese Parameter nicht schon genug werden, fügt die HOAI noch einen weiteren hinzu: die sogenannten Honorarzonen. Je nach Schwierigkeit und Aufwand konnten Sie sich bis Ende 2020 bei der HOAI Honorarberechnung an den Mindest- beziehungsweise Höchstsätzen der 5, in §5 HOAI definierten Zonen orientieren. Da dieses Vorgehen jedoch von vielen Seiten kritisiert wurde, wurden die Honorarzonen mit der Aktualisierung der HOAI 2021 grundlegend verändert – um nicht zu sagen abgeschafft.

Die HOAI 2021
Vor allem die Honorarberechnung im Rahmen von Mindest- und Höchstsätzen steht seit vielen Jahren in der Kritik. Diese ging jüngst so weit, dass sich diverse Gerichte der HOAI widmeten. Nach etlichen Verhandlungen fiel im Juli 2020 das entscheidende Urteil: Der Europäische Gerichtshof beschloss eine grundlegende Überarbeitung. Und sobald das höchste Gericht der EU eine Entscheidung dieser Art trifft, sind die nationalen Regierungen verpflichtet, diese binnen eines Jahres in das nationale Recht zu übertragen.
Dieser Verpflichtung kam die Bundesregierung am 6. November 2019 nach und stimmte dem Entwurf der Änderung zu. Das Schicksal der HOAI war damit besiegelt. Doch keine Sorge: Wir müssen uns nicht komplett von der Honorarordnung verabschieden, sondern uns “nur” mit grundlegenden Änderungen vertraut machen.
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Warum wird die HOAI geändert?
Wie bereits angedeutet geriet die HOAI vor allem aufgrund der klar definierten Mindest- und Höchstsätze in die Kritik. Warum? Gegner sahen in der Begrenzung des Honorars einen Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Mit seinem Urteil bestätigte der EuGH schließlich diesen Unmut und erkannte die Honorarbeschränkung als rechtswidrig an. Zu Recht denken Sie sich nun vielleicht: Na dann schaffen wir die HOAI doch einfach ab? Dies wäre eine mögliche Reaktion. Ganz so einfach ist es jedoch leider nicht.
Vor allem bei betroffenen Architekten und Ingenieuren ruft die Änderung ruft die Sorge hervor, dass die Qualität in der Branche unter Lohndumping leiden wird. Auftraggeber fürchten außerdem, dass Honorare in Zukunft nicht mehr angemessen berechnet werden. Anstatt die HOAI 2021 ganz abzuschaffen, arbeitet die Regierung daher an einer grundlegenden Überarbeitung. Denn nicht nur die Leistungsbilder, sondern auch die seit 2013 unveränderten Tafelwerte erscheinen nicht mehr aktuell und Sorgen für Kritik an der aktuellen Fassung der HOAI 2019.

Die wesentliche Änderung der HOAI 2021
Die HOAI ist eine Novelle, keine Abschaffung. Das heißt, es wird eine Änderung an der bestehenden HOAI vorgenommen. Insgesamt soll die neue HOAI 2021 an den Zeitgeist angepasst werden und bei allen Parteien für mehr Rechtssicherheit sorgen. Dabei steht der HOAI vor allem eine Änderung bevor: die Höchst- und Mindestsätze werden abgeschafft.
Abschaffung der Höchst- und Mindestsätze
Sobald die HOAI 2021 gilt, können Honorare rechtlich gesehen frei vereinbart werden. Die Berechnung muss dann nicht mehr im Rahmen der Höchst- und Mindestsätze der Honorarzonen erfolgen. Allerdings gibt es weiterhin sogenannte Honorartafeln, welche bei der Berechnung des Honorars eingehalten werden müssen. Mindest- und Höchstsätze werden somit nicht komplett abgeschafft, sondern durch untere und obere Honorarsätze abgelöst. Diese Honorarsätze sieht der Gesetzgeber als angemessen an. Es ist zwar theoretisch möglich, Honorare ober- oder unterhalb zu berechnen. Ob Ihnen das praktisch nützt, ist jedoch äußerst fraglich. Dazu kommt, dass der Auftraggeber schriftlich darüber informiert werden muss, wenn der Rahmen der Honorartafel nicht eingehalten wird.
Honorartafeln bieten Orientierung
Damit Architekten und Ingenieure bei der Honorarrechnung nicht komplett im Regen stehen, sind auch in der HOAI 2021 Honorartafeln enthalten. Diese dienen der Orientierung bei der Berechnung. In §2 Abs.1 S.2 HOAI Ref-E finden Sie für jeden Leistungsbereich Honorarspannen. Diese sind nach den einzelnen Honorarzonen sowie den zugrundeliegenden Ansätzen für Flächen, anrechenbare Kosten und Verrechnungseinheiten gegliedert. Die jeweils unteren Honorarsätze bilden den Basishonorarsatz. Sollten Sie also ein Angebot erhalten, dass diesen unterschreitet, können Sie besten Gewissens ablehnen und auf die HOAI 2021 verweisen.
Aktualisierung der Leistungsbilder
Um die Definition der Leistungsbilder zu vereinfachen, erfährt die HOAI 2021 auch in diesem Bereich eine Erneuerung. So werden die in Anlage 1 enthaltenen Leistungsbilder – zu diesen zählen insbesondere Beratungsleistungen – mit denen in Anlage 2 bis 4 gleichgestellt. Im Zusammenhang mit dieser Änderung wird außerdem die Differenzierung zwischen verbindlichen und unverbindlichen Leistungsbildern hinfällig. Da Sie keine preisliche Bindung mehr eingehen müssen, erübrigt sich diese Regelung von selbst. Mehr dazu können Sie in §3 Abs.1 S.3 HOAI nachlesen.
Honorarvereinbarung jetzt auch in Textform
Als ob an §7 HOAI, der die Honorarvereinbarung regelt, nicht schon genug geändert worden wäre, kommt noch eine weitere Aktualisierung hinzu. Dies betrifft neben der Festlegung des Honorars auch dessen Vereinbarung. Während die HOAI 2019 die Schriftform forderte, verlangt die HOAI 2021 lediglich eine “Abgabe einer lesbaren Erklärung”. Somit können die Honorarabsprachen nun auch via E-Mail, SMS oder Bausoftware getroffen werden. Experten sehen in dieser Neuerung einen großen Fortschritt: Sie verhelfe den Beteiligten zu mehr Rechtssicherheit. Nicht selten mussten sich Architektur- und Ingenieurbüros aufgrund des Versäumnisses der Schriftform mit dem Mindestsatz zufrieden geben. Dies kann nun nicht mehr passieren.
Fälligkeit & Abschlagszahlungen künftig nach §650 BGB
Wenn Sie sich nach der Fälligkeit Ihres Honorars oder Abschlagszahlungen erkundigen mussten, wer bis Ende 2020 die HOAI selbst die passende Anlaufstelle. Auch dies ändert sich mit der neuen Fassung. Die HOAI 2021 verweist bei diesen Fragestellungen im Bereich der Fälligkeit auf §650g Abs.4 BGB beziehungsweise für Abschlagszahlungen auf §632a BGB. Sobald Sie somit Ihr Honorar verlangen oder Abschlagszahlungen in Rechnung stellen möchten, lohnt sich seit 2021 ein Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch.
Nachdem wir uns die grundlegenden Neuerungen der HOAI 2021 angesehen haben, wird klar: Am stärksten betroffen ist die Honorarberechnung nach §7 HOAI. Ein sensibler Punkt, dessen Überarbeitung auch viele kritische Stimmung mit sich bringt.

Hoffnung und Kritik: erste Reaktionen auf die HOAI 2021
Wenn Sie sich über die HOAI 2021 informieren, werden Sie feststellen: Sie finden eine Vielzahl von Meinungen, die gleichermaßen positiv wie negativ geprägt sind. Während die einen die Aktualisierung und damit Modernisierung der Honorarordnung begrüßen, fürchten andere durch die flexible Preisgestaltung eine Gefahr für Architekten und Ingenieure.
So warnt Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, beispielsweise: “Damit bei Vergaben nicht doch gegen diesen Grundsatz verstoßen und verstärkt auf den Preis statt auf die Qualität geachtet wird, wäre eine eindeutige Bezugnahme auch im Wortlaut der Verordnung selbst wünschenswert gewesen.”
Auch Dr.-Ing. Heinrich Bötkamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, begrüßt die Aktualisierung grundsätzlich, sieht das Ergebnis jedoch kritisch: “Grundsätzlich sind wir erfreut darüber, dass die HOAI auch künftig als verlässlicher Orientierungsrahmen zur Kalkulation von Honoraren für Architekten und Ingenieure dient. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass die Verordnung die Notwendigkeit deutlicher macht, dass diese Honorare auch in Zukunft angemessen sein müssen.”
Die Aussagen der Präsidenten der Architekten- beziehungsweise Ingenieurkammer bringen es nochmal auf den Punkt: Die HOAI hebt den Preiskampf im Baugewerbe auf ein neues Level. Als Architekt oder Ingenieur sollten Sie sich deshalb schon jetzt mit der Regelung auseinandersetzen und sicherstellen, wie Sie Ihre verdienten Honorare auch ohne die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze rechtfertigen.
Diese Folgen haben die Änderungen für Architekten und Ingenieure
Die HOAI gehört ganz klar zum Alltag eines jeden Architekten und Ingenieurs in Deutschland. Das wird sich auch mit der Aktualisierung der Honorarordnung nicht ändern. Da ist es nur zu gut verständlich, dass eine Änderung zunächst kritisch betrachtet wird, besonders wenn es darin konkret um die Honorargrenzen geht. Durch die Abschaffung dieser Grenzen sind Architekten- und Ingenieurleistungen in Zukunft nicht mehr an vorgegebene Honorare gebunden.
Für die Praxis bedeutet das: Niedriglöhne und Wucherpreise sind offiziell nicht mehr gesetzwidrig. Es ist zwar davon auszugehen, dass die bisherigen Grenzen nach wie vor den Ton vorgeben., Allerdings ist die Einhaltung dieser lediglich eine Empfehlung und keine gesetzliche Verpflichtung mehr. Deshalb gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Definieren Sie jetzt Ihre Honorarzonen
Es ist also durchaus möglich, dass sich der Wettbewerb verändert. Auftraggeber könnten durch niedrige Honorarleistungen geködert werden. Gleichzeitig ist es aber auch möglich, dass horrende Honorarforderungen zur Regel werden. Sorgen Sie deshalb schon jetzt dafür, dass Sie sich diesem Preiskampf nicht aussetzen müssen und definieren Sie Mindest- und Höchstsätze für Ihren individuellen Fall. In unserem kostenlosen Ratgeber “Wirtschaftlich erfolgreich am Bau” finden Sie beispielsweise praktische Tipps, die Ihnen die Kalkulation Ihrer Leistung vereinfachen.
Darüber hinaus können Sie hierfür die sogenannten “PeP 7” zur Rate ziehen. Diese 7 Kennzahlen helfen Ihnen den wirtschaftlichen Erfolg Ihrer Arbeit quantitativ zu bewerten.
Dokumentieren Sie lückenlos
Wenn die Preisabsprachen flexibler werden, wird es umso wichtiger, dass Sie Ihre Leistung nachweisen können. Und zwar so detailliert wie möglich. Dass die eine Leistung aufgrund von Verzögerungen und Behinderungen statt 1 Woche 3 Wochen in Anspruch genommen hat, muss sich natürlich auch im Honorar widerspiegeln. Dies können Sie jedoch nur beweisen, wenn Sie jeden einzelnen Schritt nachvollziehbar dokumentiert haben. Mit Stift und Papier wird Ihnen dies kaum gelingen – digital hingegen sind Sie auf der sicheren Seite. Wie Sie sich das in der Praxis vorstellen können, erfahren Sie in unserem kostenlosen Ratgeber “Rechtssichere Baudokumentation”.
Capmo-Tipp: Welche Änderungen die neue HOA 2021 sonst auf die Baupraxis hat, erfahren Sie in unserem Webinar. Fachanwalt Jörg Bach erklärt Ihnen darin Schritt für Schritt, was Sie jetzt tun müssen um Ihr Honorar durchsetzen zu können.
Unser Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Die Meinungen zur HOAI2021 gehen deutlich auseinander. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie begrüßt die vorgenommenen Änderungen. Andere Stimmen aus der Branche sehen das Ganze eher kritisch. Der bisherige Honorarrahmen hat für eine gewisse Sicherheit gesorgt, welche jetzt nicht mehr besteht. Die Unsicherheit in der Branche ist deshalb groß. Fraglich ist außerdem, wie lange diese Änderung Bestand hat. Es wird erwartet, dass die HOAI zur nächsten Legislaturperiode komplett überarbeitet wird. „Dies wird eine unserer zentralen Forderungen im Bundestagswahljahr sein“, so der VBI-Präsident Jörg Thiele. Es bleibt spannend – und wir bleiben dran!
Was Sie in der zwischenzeit tun können? Anstatt abzuwarten und Tee zu trinken, können Sie sich vorbereiten. Sorgen Sie dafür, dass Sie wissen, was Ihre Leistungen wert sind und wie diese honoriert werden müssen, damit sie sich für Sie rechnen. Darüber hinaus sollten Sie schon jetzt sicherstellen, dass Sie jegliche Tätigkeiten lückenlos dokumentieren. Dies gelingt Ihnen mit Capmo einfach & effektiv. Probieren Sie’s aus und überzeugen Sie sich gratis!